Die Isolierung war der mit Abstand aufwendigste und "fieseligste" Schritt im ganzen Camper Projekt. Nicht nur, dass das Füllen von Sicken und sämtlichen Hinterschneidungen seine Zeit braucht, auch die hohen Kosten für Isoliermaterial (jedenfalls wenn man Armaflex verwendet) sind zu bedenken. Wenn ihr das hier lest, ist es wahrscheinlich zu spät. Aber: Falls ihr noch keinen Van gekauft habt, überlegt euch falls ihr einen Krankenwagen oder Kühlwagen kaufen könnt, ob euch das nicht 1-2000€ mehr wert ist. Vorteil ist nicht nur, dass ihr keine Kältebrücken habt, sondern auch die immense bzw. den i.d.R. rechteckigen Bauraum den ihr dann zur Verfügung habt.
Alle anderen (die sich nicht für Kühl- oder Krankenwagen) entschieden haben: Los geht's!
Der Plan war folgende Wandstärken zu isolieren um auf einen Mittelwert von mindestens 25mm (Theorie, s.u.) zu kommen:
Bei Decke und Boden gilt es abzuwägen: Mehr Isoliermaterial = Mehr Dämmung = Weniger Raum. Insbesondere bei einem Fahrzeug das bereits viele Fenster (und damit Kältebrücken) hat.
Wirklich viel Werkzeug benötigt Ihr für diesen Schritt nicht:
Insbesondere das regelmäßige Wechseln der Cutter-Messer kann ich euch nur an's Herz legen: Einerseits durch das Dämmmaterial selber, andererseits durch den Kleber gleitet das Messer oft schnell nicht mehr ordentlich. Kleberrückstände auf der Klinge lassen sich zwar mit etwas Spritus gut entfernen, aber spätestens wenn das Messer beginnt stumpf zu werden solltet ihr es wechseln. Ansonsten sind unsaubere Schnittkanten das Resultat. Insbesodnere bei 32mm dicken Armaflex kommt man mit einem ordentlichen Cutter ohne "Hin und Her Sägebewegung" viel schneller durch und bekommt eine viel saubere Schnittkante. Wechselt alle 1-2h euer Cuttermesser (nicht abbrechen, sondern komplett neu).
Einfach gesagt wird eigentlich nur
benötigt. Insbesondere was das Dämmmaterial angeht, möchte ich aber etwas weiter ausholen:
Insgesamt habe ich für 1159,04€ Isoliermaterial bestellt, von dem wir rund 80% verbaut haben (was ich ziemlich Wahnsinn finde). Verschnitt gab es im eigentlichen Sinne nicht. Sobald es mehr als 8cm³ hatte, haben wir das Stück als Ersatz für Dämmwolle genommen und sonst unereichbare Ritzen geschoben. "Verbaut" ist also wirklich "verbaut". Sämtliche Positionen waren selbstklebende XG Armaflex Platten. Ein weiter Vorteil von Armaflex XG ist seine Brandfestigkeit - beim Auto nicht zu unterschätzen.
Armaflex ACE wird stare geruchsbildung nachgesagt. Ich würde explizit davon abraten, hier auf die billigere Alternative zu setzen.
Bestellung (Versand war 65,92€):
Menge | Artikel / Dicke | \(m^{2}\) im Karton | Einzelpreis | Gesamtpreis |
---|---|---|---|---|
1 Karton | 9 mm | 10m² | 71,43 | 71,43 |
1 Karton | 13 mm | 8m² | 66,30 | 66,30 |
5 Karton | 25 mm | 4m² | 54,35 | 271,76 |
10 Karton | 32 mm | 3m² | 49,86 | 498,57 |
Bei sehr "verwinkelten" Stellen, z.B. in den Türen haben wir nicht geklebt. Wenn ein kleines Loch vor einem größeren Hohlraum ist, reicht es meiner Meinung nach das Isoliermaterial einfach einzuklemmen. Insbesondere wenn Bowdenzüge für Türöffner etc. verbaut sind erleichert dies erheblich die Wartung. Stellt euch vor ihr müsst nochmal hinter eine Isoliermatte und dann ist alles geklebt.
Ich möchte noch auf einige Details aufmerksam machen, auf die Ihr achten solltet.
Achtet darauf keine Kabelzüge der Türöffnungsmechanik zu verbauen. Öffnet und schließt die Tür einige Male, um zu verstehen, wie die Mechanik funktioniert.
Identifiziert gleiche Teile und paust sie aufeinander ab - funktioniert z.B. bei den Radkästen top!
Ich würde auf alle Fälle selbstklebende Platten empfehlen. Nicht-selbstklebende sind zwar etwas billiger, ihr müsst dafür aber Kleber separat kaufen und ihn selbst auftragen. Fraglich, ob das besser ist.
Nehmt auf alle Fälle selbstklebende Platten.
Vergesst die Rinne für etwaige Wasserleitungen nicht. Da bei mir der Boiler in Fahrtrichtung links unter der Sitzbank, die Küche aber rechts war, musste ich die Wasserleitungen unten quer einmal durchlegen. Da sie zu dem Zeitpunkt noch nicht geliefert waren, haben wir einfach eine Wäscheleine verlegt - da hatte ich Vertrauen, dass sie nicht reißt.
Da die Rohre auch Holzlatten geschnitten haben, mussten wir diese fräsen.
Wasserführende Rohre solltet ihr innen (innerhalb der Isolierung) verlegen. Nur so ist sichergestellt, dass euer Frischwassersystem auch im Winter einsatzfähig ist.
Wenn ihr nicht Armaflex kauft, bedenkt folgendes: Armaflex XG hat auf der Rückseite Einwebungen, die weitestgehend parallel zu den Kanten verlaufen. Hierdurch eigenen sie sich hervorragend als Führungslinien beim Schneiden.
Wenn ihr mit Steinwolle arbeitet, wovon ich abraten würde (Effekt klein, Risiko ungewiss), müsst ihr pinibel darauf achten sämtliche Löcher abzudichten. Steinwolle kann extrem gesundheitsschädlich sein. Insbesondere durch die Vibration der Fahrt könnte es theoretisch sein, dass die Steinwolle aufgeschmirgelt wird.
Alle Anschlussstellen für Rohre von Außen (in meinem Fall war das die Stromversorgung für die Dieselpumpe bzw. der Dieseleingang, solltet ihr jetzt abdichten. Später kommt ihr da nicht mehr hin. Geeignet ist hierfür bspw. Sika Lastomer.
Wir haben uns die Mühe gemacht, alle Sicken (die beim Ducato / Jumper / Boxer / Promaster) etwa 9mm tief sind nochmal separat mit zugeschnittenen Streifen auszufüllen. Und zwar an Decke und Trennwand zum Fahrerhaus. Diese sehr zeitaufwändige Aktion macht gemäß der unten aufgeführten wenig Unterschied was die finale Güte der Unterschied angeht. Eher was für Liebhaber.
Da wir uns nicht sicher waren, ob wir noch mit einer Schicht Alufolie für Dampfstopp sorgen, haben wir bereits beim Verlegen des Armaflexes darauf geachtet, keine dampfdurchlässigen Ritzen zu hinterlassen. Hierfür haben wir alle Spalte zwischen Armaflexplatten bzw. zwischen Armaflex und Karosserie mit Aluband versiegelt. Da Aluband aber sehr teuer ist (insb. richtiges Aluband, nicht Alubedampftes Klebeband):
Statt Aluband würde ich Armaflex-Streifen empfehlen, wenn dies der Bauraum erlaubt (die sind natürlich etwas dicker).
Auch wenn ihr noch so detailverliebt und ordentlich isoliert wie wir, die kleinste Kältebrücke macht euch einen Strich durch die Rechnung. Stellt euch das vor wie in einer elektrischen Leitung: Sobald ihr einen Kurzschluss habt, wird kein Strom mehr durch den Widerstand fließen.
Ein Android Handy mit Wärmekamera hilft euch dabei, Kältebrücken zu finden.
Beginnen wir mit etwas Thermodynamik-Theorie, die Formel für Wärmeleitung:
\[ \dot{Q} = \lambda \cdot A \cdot \frac{T_{W_{H}} - T_{W_{C}}}{d}\]
Die Einhheit von \(\dot{Q}\) ist Watt (\(W\)). Die sonstigen Formelzeichen stehen für:
Was sagt uns das?
Wenn mir mal von 3.8m Länge, 1.9m Breite und 1.8 Höhe ausgehen, ergibt sich die Oberfläche unsereres zu isolierenden Quaders zu:
\[ A=2 \cdot A_{Decke,Boden}+2 \cdot A{Seite} + 2 \cdot A{vorne,hinten} \\ = 2 \cdot 3.8m \times 1.9m + 2 \cdot 1.8m \times 3.8m + 2 \cdot 1.8m \times 1.9m \\ = 14.44m^{2} + 13,68m^{2} + 6,84m^{2} \\ = 34.96m^{2}\]
Der Lambda-Wert von Armaflex XG ergibt sich laut technischem Datenblatt zu \(\lambda = 0.036\) (Platten bis 25mm haben eigentlich \(\lambda = 0.035\), wir rechnen aber worst-case).
Ansonsten nehmen wir \(T_{W_{H}}=21°C\) und \(T_{W_{C}} = -10°C\) an (wir sparen uns die Angabe in Kelvin, da wir die Differenz bilden).
Wenn wir nun mit einer durschnittlichen Dicke von \(d = 25mm\) ausgehen, können wir nun die Wärmeleitung ausrechen:
\[ \dot{Q} =0.036 \cdot 34.96 \cdot \frac{21 - (-10)}{0.025} = 1560W\]
Theoretisch müsste unsere Heizung als eine Leistung von \(P=1560W\) haben, um dauerhaft bei -10°C Außentemperatur eine Innentemperatur von 21°C halten zu können.
Hier Bilder des Ergebnisses:
Beim Boden sieht man, wie die Isolierplatten nur zwischen den Holzstreben liegen. Auch hier haben wir nicht geklebt - die Deckfolie ist also noch dran.
An der Seitenwand sind am Ende zwei Schichten 32er und eine Schicht 13er verbaut worden - allein aufgrund des immensen Volumens das hier verbaut wurde, würde ich behaupten, dass mein Van bereits deutlich besser isoliert ist als 99% der frei erhältlichen, teilintegrierten Camper der großen Firmen.
an Kevin, ohne den ich ziemlich genau Doppelt so lange gebraucht hätte und der den gleichen Genuss empfunden hat, wenn ein Perfekt zugeschnittenes und gefastes Armaflexteil millimetergenau in die Sicke gepasst hat. Zu zweit haben wir ca. 5 Tage gebraucht.